Die deutlichste Ähnlichkeit, die ihm plötzlich ins Auge fiel, war die Form ihrer Lippen. Die Lippen hatten den selben Schwung, die selbe Fülle. Die Nase war ebenfalls ähnlich. Die Augenfarbe? Nun, sie war ein bisschen dunkler, doch ansonsten passte auch das.
Er schluckte, als ihm das alles auffiel. Er wusste, dass es Leute gab, die a n g e b l i c h wiedergeboren wurden und obwohl er Mythen und Mystik interessant fand und dem auch eine große Bedeutung zumaß hielt er nicht sehr viel von der Reinkarnationstheorie.
Ihre leisen Worte rissen ihn aus seinen Gedanken und aus seiner Musterung, welche sie wohl ein wenig übersehen hatte.
Davor hatte sie also Angst. Sie konnte nicht reiten und hatte - wahrscheinlich - Angst, dass er sie deswegen auslachen würde. Deswegen sitze ich doch mit auf Cevalo, erklärte er ihr. Ich werde dich festhalten. Zur Bekräftigung nickte er kurz, lächelte dann ein wenig und dachte nach.
Du wirst entscheiden, wann du soweit bist, meinte er plötzlich. Er würde sie nicht zwingen, dazu sah sie ihr zu ähnlich - und gehörte dem weiblichen Geschlecht an. Seine Ehre als Mann verbot es ihm, sie zu etwas zu drängen - egal, zu was.

Verwundert bemerkte er, wie sie begann zu strahlen. Der Sonne gleich, als wolle sie ihr Konkurrenz machen. Doch es freute ihn, dass er den Punkt, der sie irritiert hatte, gefunden hatte.
Du wirst nicht schuld sein, versicherte er ihr. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht.
Auf einmal wurde ihr Gesicht wieder ernster, als denke sie über etwas nach. Doch über was würde wohl ein Rätsel bleiben, wie so vieles eines blieb.
Er überlegte nun, wie er sie am Geschicktesten auf das Pferd bekam. Für ihn selbst, alleine, war es kein Problem, doch so war er sich nicht sicher. Er hatte schon viel zu lang keinen Damenbesuch mehr gehabt (xD).
Komm mal mit, meinte er schließlich. Er erinnerte sich, einen Stein entdeckt zu haben, der nicht allzuweit von hier entfernt war. Er war daran vorbeigeritten, kurz bevor er ihr begegnete.
Mit einer Handbewegung forderte er auch Cevalo auf, ihm zu folgen und er ging los, den Feldweg entlang. Wärend er neben Merryil herging schwieg er, warf aber immer wieder einen musternden Blick zu ihr hinüber, bis er es sich schließlich verbot. Er befand, dass sie zu jung war, um überhaupt daran zu denken, mit ihr Dinge zu assoziieren, die er und die Frau aus seinen Erinnerungen gemeinsam getan hatten. Wohin sie ausgegangen waren und wie sich ihre Lippen anfühlten. Für diese Dinge war Merryil zu jung!

Lange dauerte es nicht, da fand er den Stein, den er gesucht hatte. Er lag günstig am Rand des Weges, war vielleicht einmal zur Zierde dagewesen. Jetzt war er alt, verwittert - doch seinen Zweck würde er noch immer erfüllen.
Steig da hinauf, foderte er Merryil auf. Solange sie dies tat schwang er sich ohne große Mühe auf das Pferd. Übung und Muskeln brauchten nicht unbedingt einen Sattel und Zaumzeug. Vorsichtig lenkte er Cevalo an den Stein heran, klopfte ihm kurz auf den Hals und rutschte ein wenig zurück, um Platz zu machen.
Nun streckte er die Arme aus, bemerkte das Zögern Merryils und nickte ihr aufmunternd zu. Dann hievte er sie vor sich aufs Pferd und wartete, bis er das Gefühl hatte, sie und Cevalo hätten sich an das neue Gefühl gewöhnt.
Seine Hände griffen vor ihr in die Mähne, sodass sie geschützt war, und mit leichtem Schenkeldruck lies er Cevalo schließlich im Schritt losgehen.

Luka half Merryil, so gut es vom Pferderücken aus ging. Schließlich saß sie vor ihm und die Berührung löste erneut Erinnerungen aus. Das Lachen, wie sie die Haare dabei zurückwarf und die Zähne zeigte. Mühsam drängte er diese Bilder zurück und konzentrierte sich auf das Pferd unter und auf das Mädchen vor ihm. Dadurch spürte er, wie beide unruhig wurden. Ein leises Lachen entwich ihm, verfing sich in ihren Haaren und flog schließlich davon - wohin, das wusste niemand.
Endlich ließ er das unruhige Pferd antraben und spürte, wie anmutig sich Cevalo trotz der zusätzlichen Last bewegte. Außerdem meinte er zu spüren, dass Merryil sich anspannte, doch es war verständlich und so ging er nicht darauf ein.
Schließlich, als ihm das Gefühl wieder vertraut genug erschien und er sicher war, nicht in Erinnerungen zu versinken, löste er eine Hand aus der Mähne und legte sie um Merryils Leib. So hielt er sie fest - gallopieren konnten sie so nicht, doch das hatte Luka auch nicht vor.
Und?, fragte er schließlich neben Merryils Ohr. Wie findest du das?
Neugierig auf ihre Antwort blickte er kurz auf ihren Hinterkopf, ehe er seinen Blick wieder auf den Weg heftete.

Er grinste und seine Augen blinzelten belustigt. Er spürte, wie sie den Bauch einzog. Das hatte sie damals nicht getan.. allerdings war da auch kaum etwas zum Einziehen gewesen.
Das Lächeln erlosch, während er diesen Sachverhalt aus seinen Gedanken strich. Merryil war nicht Yuki. Punkt.
Er ahnte nicht, worüber Merryil sich den Kopf zerbrach. Er bemerkte noch nicht einmal, dass sie nicht ganz hier war. Zumindest gedanklich bei etwas Anderem werweilte.
Seine Stimme löste bei ihr einen Schauer aus, welchen er spürte. Erneut dachte er an Yuki, die ebenso reagiert hatte, wenn er so nah an ihrem Ohr gesprochen hatte. Traurig lächelte er bei der Erinnerung.
Sollte es Reinkarnation etwa doch wirklich geben? Das würde die Parallelen erklären, die zwischen den beiden bestand. Aber.. er konnte nicht daran glauben. Was, wenn es eben doch nicht so war? Und Merryil wirkte noch viel unschuldiger, als Yuki damals gewirkt hatte...
Stören tut es gewiss niemanden, meinte er, heutzutage ist alles erlaubt, früher wäre es verpönt worden.
Der letzte Teil war nur gemurmelt, war eigentlich nur an ihn gerichtet. Schließlich hätte solch ein Ausritt früher viele Blicke auf sich gezogen - heute würde nur Cevalo die Blicke zu spüren bekommen - was dem Pferd sehr gut zu gefallen schien.

Plötzlich spürte er eine Veränderung in ihrem Körper. Sie saß aufrechter, strechte die Brust weiter heraus. Woher aber der Sinneswandel kam? Schließlich hatte er nichts gesagt - oder waren wiedereinmal ihre Gedanken schuld?
Die Parallelen waren wirklich vorhanden - auch Yuki hatte während sie nachdachte immer mit dem Körper und dem 'Gesicht' erzählt. So, wie Merryil es tat.

Yuki wollte einfach nicht aus seinem Kopf weichen - oder er wollte sie nicht gehen lassen. Beides vermutlich. Die erste und einzige, die er wirklich und wahrhaftig geliebt hatte, obwohl er wusste, dass sie früher oder später gehen würde - ohne ihn.
Sein Körper und sein Geist zuckte zusammen, als er von Merryils Stimme aus den Gedanken geholt wurde. Mein Alter?, drang die Frage langsam zu ihm durch. Vor dieser Frage hatte es ihm gegraut, er wusste, dass er älter war als er aussah - viel älter. Er musste sie also anlügen.
Mein Leben zählt etwa 18 Jahre. Bald werden es 19, meinte er schließlich langsam. In wirklichkeit war es bestimmt das 10-fache.. doch das konnte er ihr ja wohl schlecht sagen.
Wie alt bist du?, stellte er nun die Gegenfrage, um von sich abzulenken. Dabei benutzte er ihre Worte, um ein wenig.. angepasster zu sein.

Das 'Geschaukel' des Pferdes war angenehm gleichmäßig und entspannend, sodass Luka schließlich erneut kurz die Augen schloss. Er achtete nur auf die Bewegungen des Pferdes und bemerkte, dass so auch die Erinnerungen leichter zu ertragen waren.
Gleichzeitig spürte er bei jedem Schritt Cevalos, wie sein Leib an Merryils Körper rieb - etwas, das beim Reiten völlig normal war...
Bei Yuki hatte er das genossen - das eine Mal, als sie alleine im Wald gewesen waren. Auch jetzt genoss er es, doch auf eine andere Art und Weise.

16. Ein wenig älter als er sie geschätzt hätte, doch es passte. Von ihrem Auftreten und der Ausstrahlung her wirkte sie auf alle Fälle wie 16, nur ihr Aussehen passte da nicht so 100%ig rein. Aber gut, das Aussehen entsprach nicht immer dem Alter.
Schließlich, nach angenehmer Stille zwischen ihnen beiden, spürte er, wie sie sich bewegte. Doch er öffnete die Augen nicht, hielt sie nur noch ein wenig fester, damit sie auf keinen Fall herunterfiel.
Nach ihrer Frage öffnete er die Augen und sah direkt in ihre. Er wusste, dass in seinen Traurigkeit schimmerte. Das war immer so, wenn er an Yuki gedacht hatte. Es ist.. nichts, murmelte er schließlich.
Sie würde sehen, dass es nicht stimmte. Doch er konnte sich ihr nicht anvertrauen. Außer die, die ihn erlebt hatten, als sie gestorben war. Als er ein weiteres Stück seiner Menschlichkeit verlor, von der er eh nicht viel besaß.
Unter ihrem prüfendem Blick meinte er schließlich: Ich habe ein Mädchen gekannt, das mir viel bedeutet hat. Sie ist vor langer Zeit gestorben und... du erinnerst mich an sie., öffnete er sich ihr ein kleines Stück. Er wusste selbst nicht, weshalb er das tat. Er hatte schon so lange niemandem mehr von Yuki erzählt. Doch bei ihr...
Die Ähnlichkeit war zu deutlich, als das er sich gegen den Gedanken wehren konnte, Yuki wäre zu ihm zurückgekehrt. Also glaubte er daran, obwohl er doch nicht daran glaubte. Er hoffte, Yukis Seele wäre in Form von Merryil zu ihm zurückgekommen.

Unglauben zeichnete sich zuerst in ihrem Blick. Wie er erwartet hatte störte sie dieses 'vor langer Zeit'. Doch.. damit sie dies richtig verstand, müsste sie sein wahres Alter kennen, welches er nicht unbedingt offenbaren wollte. Nicht nach so kurzer Zeit.
Dann spiegelte sich eine Traurigkeit in ihren Augen wieder, die nichts mit seiner eigenen zu tun hatte. Mitleid und vielleicht das Bewusstsein, dass er eine Freundin gehabt hatte. Es ist wirklich schon sehr lange her, murmelte er. Länger, als ein Menschenleben dauert. Damit war zumindest diese Sache für ihn abgehakt und er wollte nicht näher darauf eingehen.
Als sie sich umdrehte lockerte er seinen Griff wieder ein klein wenig, jedoch hielt er sie noch immer fester umschlungen als er es vor ihrer Umdrehaktion getan hatte.
Zuhören? Erzählen? Das waren zwei Worte, die ihm .. fremd geworden waren. Er hatte noch nie wirklich über Yuki geredet - und erst recht nicht mit jemandem, den er erst so kurz kannte.
Und sie würde zuhören.
Doch er schiweg, konnte nicht.. irgendetwas ließ seine Stimme verstummen. Ich kann nicht, tut mir Leid.., murmelte er, vielleicht, wenn wir uns besser kennen... oder du noch ein bisschen nachhakst..
Beinahe hoffte er, sie würde tatsächlich noch ein wenig nachhaken.. vielleicht würde ihm das Reden dennoch gut tun.

Trotz seiner Trauer musste er leise lachen, als sie so empört darauf reagierte. Genau so hätte sie auch reagiert..
Noch immer lag ein Lächeln auf seinen Lippen - ein wehmütiges Lächeln - als er die Frage nach dem Namen beantwortete. Yuki Kurz und dennoch unglaublich sanft kam ihm die Antwort über die Lippen, dass er selbst staunte.
Er war wirklich froh, dass sie nachgefragt hatte.. auch, wenn es ihm schwer fiel, darüber zu reden. Schon allein darüber nachzudenken, es zu erzählen. Letzten Endes aber begann er zu erzählen.
Sie war wunderschön. In meinen Erinnerungen ist sie das noch immer. Wie sie lachte und dabei den Kopf in den Nacken warf oder wie sie klang, wenn sie wegen irgendetwas wütend war.. alles an ihr war wunderbar. Er stockte kurz, während er Cevalo an einer Kreuzung in die Richtung lenkte, in die er wollte.
Wir lernten uns.. auf einem Ball kennen. Da war sie etwas jünger als du. Wir tanzten zusammen, lachten zusammen und liefen schließlich gemeinsam aus dem Saal.
Erneut stockte er, doch diesmal weil er der Erinnerung nachhing. Diese Zeit war so unbeschwert gewesen, dass sie ihm beinahe unwirklich erschien.
Doch wir blieben im Garten, mehr wäre nicht gebilligt worden. So alberten wir noch ein wenig herum, ehe man uns wieder hereinholte.
Wir trafen uns in Zukunft immer öfter, auch heimlich, und irgendwann ritten wir gemeinsam aus. Sie so vor mir, wie du heute.. Damit hatten sie damals eine Regel gebrochen. Keine Dame, die etwas auf sich hielt, sollte im Herrensitz auf einem Pferd sitzen. Doch Yuki hatte dies nicht gestört. Zu jener Zeit.. war es allerdings etwas anderes. Damen sollten im Damensitz reiten, sodass wir eigentlich etwas verbotenes taten. Doch.. gerade das machte es so interessant. Wieder machte er eine kurze Pause, um leise einmal auszuatmen. Dabei merkte er, wie sein Atem zitterte. Schließlich kamen wir zusammen - heimlich. Ihr Vater hielt nicht viel von mir.
Und schließlich brannten wir gemeinsam durch. Das war... die dümmste Idee, die wir haben konnten Er schluckte und seine Stimme wurde bei den nächsten Worten immer brüchiger - obwohl er sich räusperte. Wir kannten uns.. drei Jahre, damals. Die Wachen verfolgten uns... ich glaube, sie dachte, es sein ein Spiel. Aber das war es nicht. Ein Pfeil eines Soldaten.. verletzte sie tötlich.. obwohl sie von meinem Körper hätte abgeschirmt werden sollen. Er schluckte. Ich sprengte davon, unser Pferd damals war schnell. Die ganze Zeit über hielt ich sie fest.. und schließlich ließen die Wachen mich ziehen...
Tränen schimmerten in seinen Augen, er wusste nicht recht, was er nun sagen wollten. Viele Passagen fehlten - wie sie sich zum ersten Mal geküsst hatten, wie sie unsicher begonnen hatten, sich zu berühren.. und immer sicherer wurden. Doch das waren Erinnerungen, die er nicht teilen wollte!

Schließlich meinte er: Du siehst ihr ähnlich. Die Form deiner Lippen, die Augenfarbe passt beinahe.. und du erinnerst mich vom Wesen sehr an sie...
Vorsichtig löste er die Hand von ihrem Bauch und strich einmal mit ihr durch Merryils durch das Haar. Dann legte er den Arm wieder um sie, um sie sicher zu halten. Selbst euer Haar.. fühlt sich beinahe gleich an.., stellte er murmelnd, neben ihrem Ohr fest.

(ui, schön Grün xDD)