Nein, das machen wir nicht! protestierte Merryil. Ihre Mutter hatte normalerweise keine Hemmungen, einfach ins Zimmer zu kommen, und würde dort irgendein Junge drinnen sein, könnte Merryil das entgültig nicht mehr erklären.
Nein ... sagte Merryil nocheinmal langsam. Ich habe eine Idee! Wir erzählen meiner Mum einfach, dass du mir was für die Schule erklären musst. Das ist dann nur halb gelogen. Und außerdem bist du mein Kollege und hockst in der Schule vor mir. Paasst?
Als er leicht nickte (ich hoffe, dass das passt) baute sie sich vor ihm auf und musterte ihn nocheinmal kurz. Du bist viel zu attraktiv knurrte sie leise, halb mit sich selbst redend, und stellte sich dann auf die Zehenspitzen. Dabei viel ihr auf, dass er schon wieder so ein enges T-Shirt anhatte und schimpfte mit ihm in Gedanken.
Mach dich mal krumm! verlangte sie von ihm und drückte ihm fest auf die Schultern. Versuch doch bitte einfach, ein bisschen unterdurchschnittlicher auszusehen ... weil sonst ist es echt auffällig. Sie strubbelte ihm mit der Hand durch die Haare, verzweifelt darum bemüht, dass er hässlicher aussah, doch es half nichts. Naja ... soll sie doch denken, was sie soll! gab Merryil auf. Aber bemüh dich bitte wenigstens, nicht so den Gentelman raushängen zu lassen. Also kein Händchenküssen und kein 'Ladies first' oder so. Und kein Schultasche abnehmen. Kay?
Mit diesen Worten nahm sie ihm die Tasche wieder ab.

Und red doch nicht so geschwollen daher!
Merryil schüttelte den Kopf und ging auf die Tür zu. Sie sperrte auf und hoffte einfach, dass Luka das hier ernst genug nehmen würde, um das Ladies first wenigstens so zu sagen, dass man es auch als Witz nehmen konnte, trat ein und rief laut MAAMA, ich bin wieder da und komm einmal her!
Daraufhin kam Merryils Mutter um die Ecke und blieb erst einmal stehen, als sie ihre Tochter und den jungen Mann musterte, der hinter ihr eingetreten war.
Mama. Das hier ist Luka - Luka, das hier ist meine Mum - und er erklärt mir heute was für die Schule, kay? Tut mir leid, dass ich nicht früher Bescheid gegeben habe, aber ich habe das eigentlich erst heute ausgemacht, deswegen ... ja. Das passt doch, oder?
Merryils Mutter sah sie kurz an und meinte dann Ah, hallo Luka. Ich bin Beatrix.Dann wandte sie sich wieder Merryil zu. Klar passt das. Das nächste Mal wäre es schon schön, wenn du wenigstens von der Schule anrufst, aber gut. Bleibt er bis zum Abendessen?

Gut! lächelte Merryil, zupfte Luka am Ärmel und ging dann die Treppe hoch. Ihr Zimmer lag im zweiten Stock und war ziemlich groß und für Merryil etwas ganz besonderes. Es nahm den ganzen westlichen Teil des zweiten Stocks in Anspruch und hatte so fenster auf drei Seiten. Im Moment war es noch so gut wie gar nicht eingerichtet - die Möbel würden erst bestellt werden, denn, wie sich herausgestellt hatte, waren die Möbel der alten Wohnung unpraktisch, hässlich und viel zu kindlich für die jetzt schon so alte Merryil. So stand nur ein Klappbett im Zimmer, ein paar halbeingeräumte Kästen an den Wänden, die auch nur vorrübergehend hier stehen sollten und gaaanz viele Kartons. Das einzige andere war ein länglicher, schöner, alter Tisch, den Merryil von ihrer Uroma geerbt hatte, und der jetzt an der Südlichen Wand des Zimmers stand. Natürlich lagen sonst noch andere Sachen herum - Rucksäcke, ein Koffer und ein halb zusammengebautes Regal, doch wirklich fest, also als würde es irgendwohin gehören, wirkte noch nichts.
Als Merryil eintrat warf sie als erstes die Schultasche unter den Tisch, besann sich dann jedoch etwas besseren und krabbelte unter den Tisch, um die Liste, die sie in der Schule geschrieben hatte herauszuholen. Doch offensichtlich hatte sie sie in der Schule liegen lassen.

Merryil stand auf und klopfte sich kurz ein wenig Staub von den Beinen. Ja, ist es. Ist auch gut so, wenn wir schon hierher ziehen mussten ... Und ich habe nur gerade eine Liste gesucht. Leider hab ich sie vergessen ...
Sie hockte sich auf den alten, großen Tisch und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Es war ... leise geworden. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte und fand die plötzliche Stille unglaublich nervig, deswegen meinte sie: Hast du einen Hunger? Ich schon ... ich würde kurz runterlaufen und uns was holen ...

Nein, nein, es geht schon! meinte Merryil, froh, etwas gefunden zu haben, was sie tun konnte und sprang auf. Du äähh - sie sah sich um - kannst dich währenddessen auf den Tisch hier hocken. Tut mir leid, dass ich nichts besseres habe ...
Sie sah sich nocheinmal um und lief dann hinunter in die Küche. Sie schnappte sich zwei Joghurts, Löffel, zwei Gläser und eine Saftflasche und schaffte es, das ganze irgendwie hinaufzubalancieren. Oben angekommen drückte sie mit dem Ellbogen die Türklinke hinunter und legte erst mal alles auf den Tisch.
Ich nehme doch an, dass du Joghurt magst? Und Traubensaft auch?

Puh. Er mochte es also und ...
Weiter brachte Merryil ihre Gedanken nicht, denn sie wurde in die Umarmung Lukas gezogen. Und plötzlich wurde sie bewusst, wie sehr sich auch ihr Körper nach ihm gesehnt hatte - so doof das auch klang. Sie hatte seine starken Arme, die sie von allem zu beschüptzen schienen und seinen muskulösen Bauch vermisst. Und natürlich seinen Mund und seine Stimme. Als er ihr riet, sich doch nicht mehr so viele Sorgen zu machen, nickte sie leicht. Als er sie danach wieder von sich schob, war Merryils erste Impuls, sich an ihm fest zu heben. Gleich im nächsten Moment hatte sie sich aber wieder "volkommen" im Griff - so gut eben, wie sie sich im Griff haben konnte, wenn Luka sie küsste. Merryil bekam auf einmal rote Wangen und eine ganz leichte Gänsehaut und musste unweigerlich lächeln. Allerdings hatte sie - zum Glück - trotz der ganzen Mach-Dir-Keine-Sorgen-Aktion nicht vergessen, was sie eigentlich tun wollte.
Glaub nicht, dass du dem Fragen-Stellen entkommen kannst ... meinte sie, sah allerdings zu Boden, da sie ihm gerade irgendwie nicht in die Augen blicken konnte.

Merryil griff nach dem Glas, seufzte innerlich kurz, weil er, wenn er wollte, alles tun konnte, was er wollte, und sie gar nichts dagegen tun konnte und setzte sich dann im Schneidersitz auf den Tisch, aufrecht sitzend, die Hände mit dem Glas im Schoß ruhend.
Ich darf ... unbegrenzt viele Fragen stellen? Dann würde ich gerne immer eine 'normale' und eine ... unmögliche Frage stellen, kay? Sie sah ihn kurz an. Als er Nichts einzuwenden schien meinte sie: Fangen wir mit was normalem an: was ist deine Lieblingsfarbe?

Durasskala... er ist ein hoher Dämon ... Kämpfen ... es gibt noch so viel zu Fragen, doch jetzt ist Ende.
Merryil lächelte. Er konnte sie wahrscheinlich wirklich um den Verstand bringen. Er hatte so viel ... Macht, nicht nur über sie, sondern über so viele Lebewesen ... er war stark genug um es mit jedem Menschen aufzunehmen und mit vielen der Dämonen.

Ob ich es wohl mit ihm aufnehmen könnte?
Zuerst erschreckt über den Gedanken wollte sie ihn einfach nur schnell verdrängen, ließ ihn dann aber langsam doch zu. Sie liebte Luka zwar irgendwie, allerdings ... er konnte immer noch wieder böse werden. Außerdem würde sie es einfach gerne wissen, ob sie gleich stark war wie er. Ob sie es mit ihm aufnehmen könnte. Und ... ob auch sie ihn um dem Verstand bringen könnte.
Bei dem Gedanken musste sie wieder grinsen. Bereitwillig ließ sie sich in seine Arme ziehen und sah hoch zu ihm. Er grinste dermaßen frech, dass sie sich vornahm, das nicht irgendwann, sondern jetzt auszuprobieren. Wie ... das wusste sie noch nicht. Wohin würdest du mich denn entführen? In den dunklen, bösen Wald? neckte sie ihn.
Als sie wieder fest auf ihren eigenen Füßen stand, er sie allerdings immer noch nicht losließ gab sie kurz vor, aufzugeben. Doch sie hatte eine Idee. Sie erinnerte sich daran, wie es war, als sie im Kampf ein Engel gewesen war.
Und da war es wieder. So ein Gefühl, dass sie nur irgendwo eine Tür zu öffnen bräuchte ... Als sie in sich hineinfühlte erkannte sie, dass sie um genau zu sein 8 solcher Türen fühlte. Sie wusste nicht, ob das schon alle waren, doch es mussten die Orte sein, wo sie ihre Energie bündelte. Also konnte sie ihre Energie ganz geziehlt freisetzten. Das freute sie. Sie hatte schon befürchtet, dass es so wie in Büchern so war, dass was auch immer nur passieren würde, wenn sie oder ein Freund nahe am Sterben war. Das wäre nämlich ziemlich deprimierend gewesen.
Sie war nahe dran am Ausprobieren, wie sie diese Türen - sie beschloss sie Tore zu nennen- öffnen konnte, doch es wäre doch ziemlich peinlich, wenn sie dabei etwas freisetzten würde, was das Haus zerstörte oder - noch peinlicher - gar nichts passieren würde, aber er würde merken, dass sie es nicht konnte und sie für schwach halten. Nein, das würde sie lieber im Wald machen, wo sie ganz alleine war und außer ein paar Bäume nichts kaputt machen konnte. Dafür waren ihr wieder ein paar Fragen eingefallen.
Kannst du mir noch ein paar Fragen beantworten? Sie lächelte. Wenn ja: 1. Ist dein Blut wirklich schwarz, und wenn ja, nur wenn du in der komischen Form da bist oder immer?, 2. Was war das für eine komische Form mit dem Schwert da?, 3. wie kriegst du die hin? und 4. ...
Willst du mich Küssen? Sie sah hoch zu ihm und grinste schief.
Und wehe du beantwortest nur die Letzte Frage.